Frankfurt hat Gassen, Ecken und Winkel, die selbst gebürtigen Frankfurterinnen fremd sind. Warum die Stadt nicht mal mit fachkundigem Rat erkunden? Stefanie Reimann ist eine Gästeführerin, die auch Kinder- und Familienführungen anbietet. Wenn große Buchstaben für Zahlen stehen, eine Banane an der Hauswand Kunst verspricht und Begriffe wie Beutelschneider oder Schlitzohr dicke Fragezeichen auf die Stirn zaubern, dann braucht es eine fachkundige Anleitung. Stefanie Reimann kennt sich aus mit den verwunschenen und bezaubernden Seiten von Frankfurt. Eine ihrer Spezialitäten sind Führungen für Kinder und Familien. Ihre Touren, die auch Schulklassen oder ältere Kitagruppen buchen können, haben unterschiedliche Schwerpunkte. Da stehen mal Mainhattans Hochhäuser imMittelpunkt, mal ist es die Altstadt, mal sind es Zeitreisen in die Vergangenheit oder ein Blick auf die kriminellen Seiten Frankfurts. Und bei allen setzt Reimann auf Bilder und Begrifflichkeiten. Oft gehen die gemeinsam einher wie bei den Beutelschneidern. „Heute würde man sagen, dass das klassische Taschendiebe sind“, sagt Reimann imGespräch mit MainKind und zeigt, wie die Ganoven in vergangenen Zeiten einen Schlitz in den ledernen Geldbeutel schnitten und Münzen daraus angelten. Schlitz ist für die Gästeführerin das Stichwort für weitere Erzählungen. „In diesen Zeiten hatten Handwerker einen goldenen Ring im Ohr“, sagt Reimann und schildert, was es mit dieser Sicherheit auf sich hatte: „Für den Fall, dass sie unterwegs verunglückten und nicht mehr arbeiten konnten, diente das als Notverpflegung und bei schlimmen Unfällen auch für die Beerdigung.“ Hatten die Handwerker aber gegen die Regeln ihrer Zunft verstoßen, bekamen die üblen Burschen den Ring mit Gewalt aus dem Ohr gerissen – damit waren sie Schlitzohren und landauf, landab wussten die Menschen, dass ihnen nicht recht zu trauen war. Mit Reimann gibt bei den Touren durch die Stadt nicht nur viel zu erfahren, sondern auch zu entdecken. Ein Gebäude, das einem wimmeligen Suchbild gleicht, ist die Goldene Waage in der neuen Altstadt nahe des Struwwelpeter-Museums. Das rekonstruierte Handelshaus des Gewürzhändlers Abraham van Hamel ist eben an der markanten goldenen Waage gut zu erkennen. Im Fachwerk sowie an Säulen und Balken sind eine Vielzahl von Figuren und Symbolen geformt, die Aufschluss geben über den Besitzer samt seinem Namen, seinen Beruf und womit er Handel trieb. Für Reimann ganz klar: Van Hameln war seiner Zeit voraus: „Das ist so wie ein heutiger Instagram-Account.“ Hinschauen lohnt sich also, denn mit Stefanie Reimann gibt es viel zu entdecken. Das gilt auch für die geheimnisvollen Bananen, die an einige Frankfurter Hauswände, meist an Eingängen, gesprüht sind. Sie bei einer ihrer Touren zu entzaubern, ist ihr wichtig. Und noch etwas: „Es müssen Bilder im Kopf entstehen“, sagt sie und hat es sehr gerne, wenn ihre Gäste die Pferdeäpfel fast riechen können, wenn sie von den Fuhrwerken erzählt, die einst zum Römer zogen. (kakü) https://stadterkundungenfrankfurt.de Die Goldene Waage – ein ganz früher Insta-Kanal Bilder: Klaus Kühlewind 14 | Urlaub in der Heimat
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