MainKind | Ausgabe 1/2023

º Interview Bild: Pixabay Tiere als Brückenbauer Frau Professorin Hirschenhauser, in vielen Familien steht früher oder später das Thema Haustier zur Debatte. Woher kommt gerade bei Kindern die Sehnsucht nach einem tierischen Gefährten? Katharina Hirschenhauser: Primär wünschen sich Kinder oft ein Tier als Spielgefährte. Interessant daran ist, dass ein Tier zugleich ein Partner ist, der auf Augenhöhe betrachtet wird. Ein Partner, der ungefiltert und ohne Höflichkeiten völlig unmittelbar auf meine Aktion reagiert. Er signalisiert also, „mag ich, machen wir weiter“ oder „mag ich nicht, ich gehe weg“. So können Kinder direkt und ohne Filter Beziehungserfahrungen sammeln, die durchaus auch wertvoll für die individuelle sozio-emotionale Entwicklung sind. Welche Rolle spielt bei dem Wunsch nach einem tierischen Mitbewohner die mediale Präsenz von Tieren in Kinderbuch über Fernsehserien bis hin zur Werbung? Ich bin keine Medienexpertin, aber Tiere in Kinderbüchern und Kinderfilmen sind ganz oft auch dem Kindchenschema entsprechend dargestellt. Dies fördert Fürsorge und Vertrauen. Mediale Mensch-Tier-Beziehungs-Modelle fördern Anthropomorphismen, also die Übertragung von menschlichen Eigenschaften auf andere Lebewesen. Ist das gut? Vermenschlichen des Tieres ist prinzipiell nicht schlecht. Es fördert die BeKinder und Tiere sind ein besonderes Gespann. Für Mädchen wie Jungen sind Hund, Katze und Maus deutlich mehr als Spielgefährten und Kuscheltiere. Über die Bedeutung des Haustiers für junge Menschen hat MainKind-Autor Klaus Kühlewind mit der Verhaltensbiologin Dr. Katharina Hirschenhauser gesprochen. reitschaft, in Beziehung mit dem Tier zu treten, wenn Kinder beispielsweise dem Tier einen Namen geben, mit ihm sprechen, Geschichten projizieren oder eben ihm Gutes tun wollen. Als Nachteil ist zu sehen, dass häufig die Vermenschlichung mit nicht artgerechter Tierhaltung einhergeht. Das ist dann nach dem Tierschutzgesetz bedenklich. Was macht der Umgang mit Tieren vor allem mit jungen Menschen? Es sind potenziell gelingende und verlässliche, damit also sichere Beziehungserfahrungen. Das Aufwachsen mit Tieren kann bei Kindern einige Eigenschaften fördern, die durchaus überlebenswichtig sind vor allem auf sozialer und emotionaler Ebene. Diese Wirkungen in Summe sind förderlich und zudem Voraussetzungen für gelingendes Lernen, haben also auch Einfluss auf die Schulkarriere. Sie sind aber auch förderlich für Eigenschaften wie Verantwortungsbewusstsein, Rücksichtnehmen, soziales Verstehen sowie für die Entwicklung exekutiver Funktionen wie Impulskontrolle oder Regulation von Wut. Haustiere wirken auf Kinder, bessere Noten, geringeres Aggressionsverhalten sind da nur einige Schlagworte. Haben Tiere im Unterricht eine ähnliche Rolle? Tiere im Unterricht wie beispielsweise der Schulhund verringern nachweislich die Stressbelastung von Kindern – und auch der Lehrperson. Das Tier kann potenziell als „social supporter“ helfen, ein Beispiel dafür sind Lesehunde. Aber auch jenseits von Hund und Pferd können Tiere im Kontext Unterricht eingesetzt werden. Vom Mehlkäfer bis zur Gartenschnecke fördern die Erfahrungen mit lebenden Tieren das Interesse der Kinder am Unterrichtsgegenstand, geben Gelegenheit für eigene Fragen und auch für Gespräche mit Klassenkameraden, mit denen ohne das Tier womöglich nie eine Interaktion passiert 4 | Hund, Katze, Maus

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