MainKind | Ausgabe 4/2022

º Interview Janina (38) und Frederik Enning (46) stammen aus dem Münsterland und bloggen seit 2018 über die Themen Nachhaltigkeit, Minimalismus, Familienleben, Finanzen, Haus & Garten. Während Janina für die kreativen Umsetzungen auf dem Blog zuständig ist und vor allem über die Themenschwerpunkte Nachhaltigkeit, Minimalismus und Familienleben schreibt, ist Frederik für neue Rezepte und die Umsetzung handwerklicher Ideen zuständig. Von Berufswegen sind Janina Sozialarbeiterin und Frederik Betriebswirt. Zur Familie gehören eine gemeinsame Tochter und zwei Bonuskinder. www.gruenesfamilienleben.de J.E.: Verzicht klingt immer so negativ. Es ist kein Verzicht. Erst wenn wir etwas kaufen wollen würden und uns dann geißeln, wäre es für uns Verzicht. Wir lassen Dinge weg, laufen nicht jedem Trend nach. Oft schlafen wir mehrere Nächte über einen neuen Kauf. Wenn der Wunsch dann immer noch da ist oder etwas wirklich benötigt wird, kommt er auf eine Liste oder wird zeitnah erfüllt. F.E.: Verzicht, wenn man es denn so nennen mag, entstresst sehr. Wie Janina sagt, man rennt nicht jedem Trend hinterher, muss sich nicht in neuer „angesagter“ Kleidung zeigen. Man besinnt sich mehr auf sich selbst, ist zufrieden mit dem was man hat und schaut nicht ständig was einem vermeintlich fehlt. Und worauf zu verzichten, fällt Ihnen besonders schwer? J.E.: Auf das Autofahren. Wir haben uns im letzten Jahr E-Bikes gekauft und versuchen möglichst viele Autostrecken durch das E-Bike zu ersetzen. Zur Arbeit fahren wir beide auch nur mit dem Rad – früher einer mit dem Auto und der andere mit dem Motorroller. Wir planen auch unsere wöchentlichen Einkäufe genau und kombinieren Haltepunkte miteinander. Unsere monatlichen Kilometer im Alltag haben wir schon halbiert. Aber längere Strecken. Mit Bus und Bahn dauert es teilweise viel zu lange, die Busse und Züge sind überfüllt, kommen zu spät. Das ist etwas, was uns tierisch nervt. Und die Ticketkosten. Das müsste viel günstiger werden. Dann wären wir auch eher bereit, die ganzen negativen Punkte zu akzeptieren. F.E.: Ich ertappe mich oft dabei, dass ich das Auto nehmen möchte, weil es für mich einfach bequemer ist. Mir fällt es schwer, weil ich nicht gerne in überfüllten Bussen sitze – und das sind sie hier vor Ort oft. Ich kann mich davon nicht freisprechen. Ich weiß, dass es nicht nachhaltig ist. Ich arbeite aber dran. Ihre Kinder haben bereits oder werden Kontakte zu Familien bekommen, für die Nachhaltigkeit eine untergeordnete Rolle spielt. Für welche Diskussionen wappnen Sie sich? J.E.: Es gab bisher kaum Diskussionen. Warum auch? Jeder soll so leben, wie er oder sie es möchte. Wenn jemand ernsthaft interessiert ist, unterhalten wir uns gerne darüber, ohne missionarisch aufzutreten. Außerdem haben wir einen Freundes- und Bekanntenkreis, dem Nachhaltigkeit wichtig ist. Und einige Freund:innen unserer Tochter und ihre Familien ticken ebenfalls ähnlich. Ich glaube, wir leben da auch in einer kleinen Bubble. Unsere Stadt ist für ihre offene, tolerante und nachhaltige Lebensweise bekannt. Welche Reaktionen haben Sie von Freunden erhalten auf Ihren Lebensstil? J.E. Zumindest keine negativen. Viele unserer Freund:innen versuchen aus unterschiedlichen Gründen nachhaltiger zu leben. F.E.: Mittlerweile klingeln Nachbarn teilweise auch schon bei uns, da sie unseren Blog kennen und auch entrümpeln und aussortieren möchten. J.E.: Stimmt! Oder sie fragen, ob wir Fallobst von ihnen haben möchten, weil sie wissen, dass uns Nachhaltigkeit interessiert. Sie selbst berichten, dass Sie ihr Konsumverhalten deutlich geändert hätten. Was würden Sie Menschen mit auf den Weg geben, die ihre Konsumschraube nach unten drehen möchten? J.E. Das man entspannt daran gehen sollte. Minimalismus und Nachhaltigkeit sind Wege, die Zeit benötigen. Ein guter Start sind eine einmonatige No-Buy-Challenge und unsere 30-Tage-Ausmist-Aktion. Das war auch eine spannende Zeit, die aber erfolgreich dazu geführt hat, dass wir uns von viel Kram lösen konnten. F.E.: Genau, einfach ohne Stress an die Sache gehen, kleine Schritte machen und sich nicht selbst überfordern. Sonst macht es keinen Spaß. Und blinde Flecken sind vollkommen normal, siehe meinen wunden Punkt Auto. Welchen Punkt Ihres Familienlebens glauben sie, nicht auf einen nachhaltigen Ansatz umwandeln zu können? J.E.: Ich vermute, dass es das Auto ist, wenn sich am ÖPNV nicht grundlegend etwas verändert. Im letzten Eintrag Ihres Nachhaltigkeitsexperimentes auf Ihrer Homepage schreiben Sie, dass Sie Ihr Leben entschlacken und dass es mit den Blogbeiträgen etwas dauern könne. Da seit einiger Zeit nichts mehr gefolgt ist, stellt sich die Frage, ob Sie am Ziel sind? J.E.: Aber nein, wir sind noch nicht am Ziel. Ich weiß auch nicht, ob wir das jemals sein werden. Der Weg ist lang und das Leben eine ständige Veränderung. Das macht einfach Spaß! Grüner leben | 5

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